„KI ersetzt uns alle“ – oder doch nicht? Warum der Mensch in der digitalen Transformation das Zünglein an der Waage bleibt

Experteninterview mit Melanie Kleemann | Digital People

Die digitale Revolution schreitet voran, und künstliche Intelligenz (KI) scheint unaufhaltsam – von der Automatisierung einfacher Aufgaben bis hin zur Unterstützung bei komplexen Entscheidungen.

Melanie Kleemann, internationale C-Level Retail Executive mit über 13 Jahren Erfahrung in digitalen Business Transformationen, erklärt: „KI wird uns nicht ersetzen – aber unser Denken und Handeln in der Führung grundlegend herausfordern.“

Sie räumt im Interview mit Mythen auf und zeigt, warum die Zukunft nicht „Mensch oder Maschine“, sondern „Mensch mit Maschine“ lautet.

„Digitale Transformation ist keine Frage der Technik allein – sie ist eine Kulturaufgabe“

Die größte Herausforderung ist nicht die Technologie, sondern die Kultur, die sie tragen muss.

Die häufigste Ursache des Scheiterns ist die Denkweise: „ Unternehmen behandeln die Digitale Transformation wie ein Software-Update, statt wie einen kulturellen Wandel“, erklärt Kleemann.

Entscheidungen werden „von oben nach unten” getroffen. Das Ergebnis: Unsicherheit, Widerstand – und eine Transformation, die ins Stocken gerät.

„In meiner Erfahrung als C-Level-Leaderin zeigte sich immer wieder: Transformation beginnt mit der Führung. Sie gibt den Ton an – für die Vision, Wandel, Offenheit und Vertrauen.“

Transformation ist kein IT-Projekt, sondern ein Mindset-Wandel – und dieser beginnt oder scheitert immer bei der Führung.

Wie digitale Transformation gelingt: Drei Tipps für Führungskräfte

1. Einbeziehen statt überrollen

Führungskräfte sollten nicht nur fragen: „Wie beeinflusst das Tool den Arbeitsalltag?”, sondern auch: „Wie verändert es unsere Zusammenarbeit, unsere Werte und unser Miteinander?”
Transformation gelingt, wenn Mitarbeitende früh einbezogen und zu Beteiligten gemacht werden. Workshops, Feedback-Runden und Pilotprojekte schaffen Vertrauen und stellen sicher, dass neue Technologien und Prozesse wirklich den Arbeitsalltag erleichtern und zum Unternehmenserfolg beitragen.

2. Fehlerfreundlichkeit fördern

Innovation entsteht, wenn Angst vor Fehlern verschwindet. Unternehmen, die Fehler als Chance begreifen, schaffen eine Basis für Lernen und mutige Entscheidungen.

3. Technologie als Werkzeug verstehen

Führungskräfte müssen sich mit den technologischen Möglichkeiten vertraut machen und verstehen, wie diese das Unternehmen stärken können und sich auf Arbeitsabläufe und Kundenerfahrungen auswirken.
Technologie sollte Führungskräfte entlasten, nicht entmachten. Die Frage ist nicht, ob wir KI einsetzen, sondern wie sie uns hilft, bessere Entscheidungen zu treffen.

Die Rolle von KI: Chance und Herausforderung zugleich

Viele Unternehmen denken bei KI zu klein – sie sehen nur Effizienzgewinne und vergessen, dass KI kreative Prozesse anreichern, neue Geschäftsmodelle ermöglichen und Kundenerlebnisse revolutionieren kann.

Während die digitale Transformation den Rahmen für den Wandel bildet, ist künstliche Intelligenz das Werkzeug, das diesen Wandel beschleunigt. Doch auch hier gilt: Die Technologie ist nur so gut wie der Umgang mit ihr. 
„Der größte Fehler wäre, KI nur als Effizienzmaschine zu sehen“, warnt Kleemann. Ja, KI kann Routineaufgaben automatisieren und Prozesse optimieren. Aber ihr wahres Potenzial liegt darin, den Menschen zu unterstützen und seine Fähigkeiten zu erweitern.

„KI sollte als Co-Partner wirken“, erklärt Kleemann. Sie könne Mitarbeitende dabei unterstützen, datengetriebene Entscheidungen zu treffen, kreative Prozesse anzureichern oder komplexe Szenarien zu simulieren. Gleichzeitig erfordert der Einsatz von KI ein Umdenken: Sie ist kein Ersatz für menschliches Urteilsvermögen. Die Ergebnisse von KI-Systemen müssen hinterfragt und validiert werden – gerade, weil sie
anfällig für Fehler und Verzerrungen sind.

Damit Unternehmen diese Chancen nutzen können, müssen sie sowohl in die Technologie als auch in die Fähigkeiten ihrer Teams investieren. Kleemann betont: „Es reicht nicht, neue Tools einzuführen. Mitarbeitende müssen lernen, wie sie diese sinnvoll nutzen, ohne ihre eigene Expertise zu verlieren.“

Was Mitarbeitende in der KI-Ära brauchen: Drei Skills für die Zukunft

1. Technologische Neugier

Technologie wird komplexer, aber ihre Nutzung muss einfacher werden. Schulungen und Plattformen, auf denen sie KI-Anwendungen ohne Druck ausprobieren können, sind dabei essenziell und sollten auf Neugier statt auf Druck setzen.

2. Kritisches Denken

Wer blind auf KI vertraut, verliert die Kontrolle. Kritisches Denken ist das Gegengewicht zur Automatisierung.

3. Flexibilität und Lernbereitschaft

Flexibilität ist kein Soft Skill – sie ist eine Überlebensstrategie. Der digitale Wandel ist ein Prozess. Wer bereit ist, sich ständig weiterzuentwickeln und neue Arbeitsweisen anzunehmen, bleibt langfristig relevant und erfolgreich.

 

Fazit: Mensch und Maschine – das Dream-Team der Zukunft

Melanie Kleemann bringt es auf den Punkt: „Die Zukunft gehört denen, die die Kraft der Technologie mit der Kreativität und Intuition der Menschen verbinden – und nicht denen, die nur auf Effizienz setzen.“

 

Ein herzliches Dankeschön an Melanie Kleemann für ihre inspirierenden Einblicke und die klare Botschaft: Mensch und Maschine müssen keine Gegenspieler sein – sie sind das Dream-Team der Zukunft.