Kinder und Karriere: Die Kooperation von Eltern und Unternehmen

Ein Gespräch mit Unternehmensberaterin Miriam Hermle über innovative Arbeitsmodelle und die Vereinbarkeit von Beruf und Elternschaft

Immer mehr Mütter und Väter streben nach einem gesunden Gleichgewicht zwischen ihrem Familienleben und ihrer beruflichen Tätigkeit. Dabei müssen sie sich intensiv mit der Herausforderung der Vereinbarkeit beider Aspekte auseinandersetzen.

Es wird jedoch zunehmend deutlich, dass diese Aufgabe nicht ausschließlich den Eltern überlassen werden kann. Unternehmen müssen sich gleichermaßen diesem Thema zuwenden. Ein Anliegen, das Miriam Hermle, Unternehmensberaterin und Coach bei parents@work, besonders am Herzen liegt.

In unserem Gespräch haben wir mit ihr darüber diskutiert, wie Unternehmen Eltern auf wirksame Weise unterstützen können, welche positiven Auswirkungen sich daraus für Unternehmen ergeben und wie sie von alternativen Arbeitsmodellen wie Jobsharing und Methoden wie dem Peer-to-Peer-Coaching profitieren können.

 

Hallo Miriam, ich freue mich total, dass wir heute miteinander sprechen können. Könntest du dich kurz vorstellen?

Natürlich, ich bin Miriam Hermle, 42 Jahre alt. Ursprünglich habe ich Politikwissenschaften studiert, bin dann jedoch in den Vertrieb bei einer Personalberatung gewechselt. Dort habe ich 16 Jahre lang meine Karriere gemacht und war zuletzt Vertriebsdirektorin.

Nach dieser Zeit habe ich mich entschieden, selbstständig zu werden und arbeite nun als Partnerin bei parents@work. Hier unterstützen wir Unternehmen dabei, Vereinbarkeitsthemen voranzutreiben. Talentgewinnung und -bindung sowie eine bessere Produktivität aufgrund von höhere Zufriedenheit der Eltern sind das Resultat unserer Arbeit. Mehr als 85% der Belegschaft eines Unternehmens in Deutschland sind durchschnittlich Eltern, also die wichtigste Gruppe, die man in einer Organisation fokussieren sollte.

Als Mutter von zwei Kindern im Alter von vier und acht Jahren weiß ich, wie anspruchsvoll es sein kann, Beruf und Familie zu vereinbaren. Mein Ziel ist es, dabei zu helfen. Darüber hinaus möchte ich Frauen ermutigen, ihre Karriereziele zu verfolgen, unabhängig davon, ob sie Mütter sind oder nicht. Ich war selbst Vertriebsdirektorin und kenne die Hindernisse, denen Frauen in der Karriere oft begegnen. Meine Schwerpunkte liegen also auf der Unterstützung von Eltern in der Arbeitswelt und der Unterstützung von Frauen in ihrer beruflichen Entwicklung.

 

Wie du bereits erwähnt hast, arbeitest du als Coach und unterstützt Eltern in ihrer Karriereplanung sowie Führungskräfte. Wie haben deine persönlichen Erfahrungen deinen Ansatz in deiner Arbeit geformt?

Meine Erfahrungen haben mich maßgeblich geprägt. Besonders das Frausein in einer Führungsposition hat mich sensibilisiert. Früher hatte ich das Gefühl, mich den männlichen Normen anpassen zu müssen. Heute sehe ich, dass die Vielfalt, die Frauen mitbringen, wertvoll ist und neue Perspektiven schafft. Ich möchte Frauen ermutigen, authentisch zu sein und sich nicht zu verstellen.

Meine Mutterschaft hat mir zudem die Herausforderungen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie aufgezeigt. Nach zwei Elternzeiten war es nicht einfach, wieder in den Beruf einzusteigen, vor allem braucht es vor allem direkte Unterstützer im Unternehmen. Ohne die geht es nicht, egal, was die Organisation vorgibt.

Das ist extrem wichtig und gehört zu den zentralen Punkten, die ich immer betone. Selbst wenn das Unternehmen große Ambitionen hat und behauptet, Frauen zu unterstützen und ihnen bei der Karriereentwicklung zu helfen, hängt am Ende doch alles davon ab, wie die direkten Vorgesetzen mit einem umgehen, und ob diese wirklich echte Unterstützung bieten oder dies nur vorgeben. Diese Dynamik ist entscheidend, denn letztendlich beeinflusst sie alles. Also stellt sich die Frage: Habe ich echte Förder:innen? Sind meine Vorgesetzten Personen, die mich wirklich unterstützen? Kann ich meine Arbeit so gestalten, dass ich alles vereinbaren kann? Oder gehe ich mit einem schlechten Gewissen zur Arbeit? Glaubt man an mich, „obwohl“ ich nun Mutter bin? Warum werde ich überhaupt auf der Arbeit als Mutter definiert, während Väter meist nur als Arbeitnehmer gesehen werden? Wie geht man damit um? Wie stellt man sich dieser Situation? Das hat mich dazu bewegt, für das Thema einzustehen. Meine Selbstständigkeit beeinflusst mich auch enorm.

Die Zahl berufstätiger Mütter steigt kontinuierlich. Laut ZDF ist der Anteil der berufstätigen Mütter mit Kindern unter 12 Jahren von 2008 bis 2022 von 56,7 Prozent auf 64,1 Prozent gestiegen. Auch Väter möchten aktiver am Familienleben teilnehmen.

Welchen Herausforderungen sehen sich sowohl Väter als auch Mütter gegenüber, und inwiefern unterscheiden sich diese Herausforderungen? Wie kann ein Unternehmen diesen begegnen?

Sowohl Mütter als auch Väter stehen vor Herausforderungen. Mütter sind oft im Fokus, aber es gibt auch nicht-mütterliche Herausforderungen für Frauen.

Allerdings stehen auch Väter ähnlichen Herausforderungen gegenüber. Väter kämpfen in Organisationen, die eine traditionelle Sicht auf die Geschlechterrolle haben, damit, im Familienleben präsent zu sein. Elternzeit oder flexible Arbeitsmodelle führen oftmals zu Vorurteilen oder Karrierenachteilen, und das eben auch bei Vätern.

Das bedeutet, wenn sie Elternzeit nehmen, Teilzeit arbeiten möchten, pünktlich gehen möchten (was auch immer „pünktlich“ bedeutet), oder sogar von zu Hause aus arbeiten möchten oder müssen, sind sie oft mit Kommentaren konfrontiert. Diese Kommentare können als Form von Mobbing verstanden werden und sind kulturformend. Es macht etwas mit uns, wenn wir Sätze „aushalten“ müssen wie: „Na, heute nur halbtags da?“, „Wenn du glaubst, in die Elternzeit zu gehen, ist für deine Beförderung förderlich, dann mach?“ „Warum holst du dein krankes Kind in der Kita ab, du hast doch eine Frau“ oder „wir haben eine andere Stelle für dich, die ist passender, weil du nun Mutter bist“ bzw. „Da du nun schwanger bist, müssen wir deine Beförderung zurückziehen“. Alles Sätze, die immer noch jeden Tag in Unternehmen fallen und auch in solchen, die sich als familienfreundlich nach außen darstellen.

Immer mehr Unternehmen kommen auf uns zu und erkennen, dass wir nicht nur für Mütter und Frauen wichtig sind, sondern auch zur Unterstützung von Vätern benötigt werden. Immer mehr Väter suchen nach Arbeitgebern, die ihnen eine echte Möglichkeit bieten, Vereinbarkeit zu leben, anstatt nur oberflächliche Maßnahmen zu ergreifen. Und wir brauchen die Väter, um die Care-Arbeit zu Hause zu teilen, wir benötigen keine Unterstützung von ihnen, wir müssen die Arbeit zu Hause teilen. Erst dann gibt es Raum für Mütter, auch ihrer Karriere nachgehen zu können, denn die Arbeit zu Hause verschwindet ja nicht einfach so. Wenn Mütter so arbeiten könnten, wie sie wollten, wäre 25% des Fachkräftemangels in Deutschland beseitigt.

 

Die Arbeitsplatzkultur spielt also eine wichtige Rolle bei der Bewältigung dieser Herausforderungen. Wie verteilt sich die Verantwortung zwischen Unternehmensführung, Führungskräften und Kolleg:innen im Umgang mit diesen Herausforderungen?

Genau, die Arbeitsplatzkultur ist zentral. Das ist der Kern unserer Arbeit bei parents@work. Unser Ziel ist es, die Unternehmenskultur zu transformieren, und diese Transformation ist unerlässlich. Es geht darum, ein Umfeld zu schaffen, in dem Vereinbarkeit möglich ist. Hierbei spielen sowohl die Unternehmensführung als auch Führungskräfte und Kolleg:innen die zentrale Rolle.

Ohne eine Veränderung der Unternehmenskultur bleiben all die Tools, die wir anbieten, wirkungslos. Es reicht nicht aus, nur zu sagen, dass Elternschaft respektiert wird; es muss auch gelebt werden. Wenn ich mich nicht sicher fühle, mein Recht auf Elternschaft auszuüben, weil die Kultur nicht entsprechend gestaltet ist, werde ich möglicherweise das Unternehmen verlassen oder mich gegen eine Mitarbeit entscheiden.

Die Geschäftsführung muss die Vision vorleben und die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, aber die Führungskräfte und Mitarbeitenden müssen diese Vision unterstützen und mit Leben füllen. Das Zusammenspiel dieser Ebenen ist entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung.

Welche konkreten Aspekte sollten Unternehmen bei der Rückkehr aus der Elternzeit beachten, und wie können sich Eltern besser auf diese erneute Veränderung vorbereiten?

Insbesondere bei erstmaligen Eltern stellt sich die Frage, wie man sie bestmöglich begleiten kann. Hier sehe ich eine klare Verantwortung des Unternehmens. Oftmals ist man als Eltern des ersten Kindes mit vielen Unsicherheiten konfrontiert, von denen man vorher keine Ahnung hatte.

Daher ist es entscheidend, Eltern zu unterstützen und individuelles Management anzubieten, da jeder ganz unterschiedliche Bedürfnisse hat.

Netzwerke sind ebenfalls unerlässlich. Wir brauchen Mütter und Väter, die einander verstehen und auf Augenhöhe begegnen können. Hier spielt die Einbindung von neuen und zurückkehrenden Müttern und Vätern eine wichtige Rolle. Es sollte logisch sein, während der Elternzeit und des Mutterschutzes mit den Eltern in Kontakt zu bleiben, sofern sie dies wünschen. Hierbei ist es zunächst wichtig, zu erfragen, ob das Interesse besteht, den Kontakt aufrechtzuerhalten. Falls ja, stellt sich die Frage nach der Art und Weise. In diesem Zusammenhang sind die sogenannten „Stay in Touch Programme“ von großer Bedeutung. Einige Unternehmen haben hierbei bereits Fortschritte gemacht, während andere noch am Anfang stehen. Mitarbeitende, die in Elternzeit sind, sind immer noch Mitarbeitende.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Vorbereitung auf die Elternschaft und der Übergang in den Mutterschutz. Hierbei stellt sich die Frage, wie man jemanden effektiv darauf vorbereitet und unterstützt. Ebenso ist es von Bedeutung, wie man die Person während und nach der Elternzeit begleitet und erfolgreich wieder ins Unternehmen integriert. Dieser Prozess ähnelt einem Onboarding, welches nach der Rückkehr aus der Elternzeit durchgeführt wird.

Auch die Begleitung von Führungskräften ist entscheidend. Sie sollten nicht nur geschult, sondern auch fortlaufend unterstützt werden, um sicherzustellen, dass die Unternehmenskultur tatsächlich gelebt wird. Es geht darum, zu beobachten, ob die erlernten Prinzipien auch tatsächlich in der Praxis umgesetzt werden.

Zusätzlich ist es wichtig, eine nachhaltige Struktur zu etablieren, die das Vorhaben langfristig unterstützt. Es geht nicht darum, lediglich einmal einen Workshop abzuhalten und zu denken, dass damit alles erledigt ist. Wir müssen vielmehr sicherstellen, dass diese Maßnahmen kontinuierlich umgesetzt werden. Anstatt nur eine „Box abzuhaken“, sollten wir aktiv zeigen, dass diese Veränderungen in unserer Unternehmenskultur verwurzelt sind, und wir kontinuierlich daran arbeiten, sie umzusetzen.

 

Du arbeitest als Partnerin bei parents@work. Dort bietet ihr Peer-to-Peer-Coaching an. Welche Vorteile siehst du in diesem Ansatz im Vergleich zu anderen Coaching-Methoden?

Der Peer-to-Peer-Ansatz zielt genau auf diesen Kulturwandel ab, den ich erwähnt habe. Anstatt externe Coaches einzusetzen, die auch sehr sinnvoll sind, befähigen wir Führungskräfte und Mitarbeitende, Coaching-Skills zu erlernen und diese anschließend auch anzuwenden.

Eines meiner bevorzugten Trainings ist „The 4 Essential Roles of Leadership“. In diesem Training wird deutlich herausgestellt, welche vier essenziellen Aspekte von Führung eine Rolle spielen. Zunächst steht natürlich die Vision und Strategie im Fokus. Doch Punkt drei beinhalten unweigerlich das Vertrauen in die eigenen Mitarbeitenden, das „Walk the Talk“ Prinzip. Und Punkt vier zielt auf die heute unausweichlichen Coaching Skills ab. Hier geht es nicht länger darum, Anweisungen von oben zu geben, sondern vielmehr darum, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Es dreht sich darum zu verstehen, wie wir diese Ziele erreichen, und wie wir Mitarbeitende auf diesem Weg unterstützen können. Diese Fähigkeiten sind heutzutage äußerst wertvoll. Dabei entsteht ein vertrauensvolles Umfeld, in dem jeder ernst genommen wird.

Das Ganze findet innerhalb des Unternehmens statt, was zu Netzwerken, Vorbildern und einem nachhaltigen Kulturwandel führt. Dieser Ansatz ermöglicht es, das Wissen und die Skills in der Organisation zu verankern und gleichzeitig individuelle Unterstützung zu bieten. Die Peer-Coaches treffen sich monatlich zu ihren Coaching, wir bilden aus, begleiten, erheben Status Quos und sind Programm-Manager:innen.

Unser Programm erstreckt sich über ein Jahr und umfasst verschiedene vorab identifizierte Themen, die wiederkehrend bei berufstätigen Eltern auftreten. In diesem Rahmen stellen wir diese Themen zur Verfügung und begleiten den gesamten Prozess. Dabei liegt der Fokus auf aktivem Coaching. Unser Ansatz geht über reine Workshops hinaus – wir vermitteln nicht einfach nur theoretisches Wissen, sondern fördern die praktische Anwendung. Dies ermöglicht den Teilnehmenden, das Gelernte in die Praxis umzusetzen und gewährleistet eine nachhaltige Verankerung. Dieses Programm ist eines von vielen, die wir anbieten, um eine echte Vereinbarkeit in Unternehmen erreichen zu können.

 

Im Homeoffice verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen persönlichem und beruflichem Leben. Einige Unternehmen bieten neben anderen Benefits auch teilweise Kinderbetreuung an. Wie bewertest du diese Verbindung von privaten und beruflichen Aspekten? Wo sollten Eltern und Unternehmen klare Grenzen setzen?

Hier bin ich erneut beim individuellen Ansatz. Jeder Mensch hat unterschiedliche Bedürfnisse und Wünsche. Bei mir persönlich ist Arbeit ein Teil meines Lebens, und eine Leidenschaft. Ich wünschte, dass ginge jedem so. Dann würden wir Arbeit auch weniger als Stress ansehen. Ich empfinde die Grenzen zwischen persönlichen und beruflichen Aspekten nicht so strikt. Aber das ist nicht für jeden so. Unternehmen müssen sicherstellen, dass die Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen respektiert werden, wenn sie klare Grenzen brauchen. Allerdings werden private Umstände ja beruflich, wenn ich keine Kinderbetreuung habe, gestresst auf der Arbeit erscheine oder meine Leistung aufgrund von familiären Umständen nicht abrufen kann.

Grenzen respektieren ist essentiell, wobei auch hier trotzdem wieder Eigenverantwortung eine Rolle spielt. Einige Menschen empfinden Stress, wenn sie im Urlaub keine E-Mails lesen, während andere gestresst sind, wenn sie diese E-Mails lesen. Es ist meiner Meinung nach äußerst schwierig, hier immer klare Empfehlungen auszusprechen, da wir fähig sind, für uns selbst sinnvolle Entscheidungen zu treffen.

Dennoch sollten Unternehmen sicherstellen, dass sie ihre Mitarbeitenden angemessen unterstützen, sodass diese in der Lage sind, für sich selbst die richtigen Entscheidungen zu treffen. Unternehmen sollten durch Schulungen und bewusstseinsschärfende Maßnahmen sicherstellen, dass die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden beachtet wird. Letztendlich muss jede Person für sich entscheiden, was für sie passend ist.

 

Was hältst du von Arbeitsmodellen wie Jobsharing? Welche spezifischen Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um teilzeitbeschäftigte Führungskräfte zu unterstützen und dennoch die Unternehmensziele zu erreichen?

Meine Meinung zu Führung in Teilzeit ist klar, wenn auch nicht immer absolut. Ich habe selbst als Teilzeit-Führungskraft gearbeitet, nachdem ich Mutter wurde. In solchen Modellen können Teilzeitkräfte hoch effizient sein. Das Pareto-Prinzip sei hier erwähnt: Mit 20% unseres Aufwands werden 80% der Ergebnisse erreicht. In Teilzeit konzentriert man sich auf das Wesentliche, da die Zeit begrenzt ist. Das lässt uns effektiver arbeiten, da wir uns von unnötigen Aufgaben befreien. Der Arbeitstag startet, und man beginnt, Aufgaben zu streichen, die im Grunde genommen keine wirklichen Ergebnisse liefern. Dies geschieht, weil man sich bewusst ist, dass man pünktlich gehen muss. Deadlines machen rein psychologisch etwas mit uns.

Im Vollzeitjob, den ich auch kenne, tritt dieser Effekt nicht so stark auf. Man setzt sich dran, stürzt sich in Meetings und ist häufig bis oben hin mit Terminen gefüllt. Es ist keine klare Schwarz-Weiß-Situation, aber man wird in seinem Alltag häufig von Terminen geleitet. Man ist darauf angewiesen strategischer zu denken. Sich zu fragen: „Muss ich an diesem Meeting überhaupt teilnehmen?“ oder „Wer kann das Meeting vielleicht für mich übernehmen?“ Es fördert eine völlig andere Denkweise, hin zu einem effizienteren Ansatz. Unwichtige Dinge werden bewusst aussortiert, da sie nicht zum Ziel führen. Natürlich ist die Situation nicht schwarz-weiß, aber der Ansatz hat Potenzial.

Jobsharing ist ebenfalls interessant. Es gibt Herausforderungen, aber wir müssen beginnen, aus Erfahrungen zu lernen und uns rantrauen, es auszuprobieren. Es gibt immer Bedenken bezüglich der Kosten oder dem Arbeitsaufwand, aber oft sehen wir die Vorteile nicht klar. Durch Diversität und unterschiedliche Perspektiven kann Jobsharing eine Bereicherung sein. Es ermöglicht uns, kreativer zu sein und Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Stärken und Schwächen können ausgeglichen werden. Unternehmen können davon profitieren, wie bereits einige Unternehmen bewiesen haben.

 

Neben dem Aufbau eines Netzwerks von Eltern betonst du die Bedeutung von Vorbildern für berufstätige Eltern. Wer ist derzeit dein persönliches Vorbild, und was inspiriert dich an dieser Person?

Tatsächlich hatte ich nie ein bestimmtes Idol oder Vorbild, weder als Kind noch später. Für mich sind viele Menschen, besonders Frauen, inspirierend, die die Balance zwischen Beruf und Familie meistern. Jede Person kann ein Vorbild sein. Auch eine Mutter, die nicht berufstätig ist, kann für mich aus so vielen verschiedenen Gründen ein Vorbild sein. Es gibt zahlreiche inspirierende Personen in der Gesellschaft.

Manchmal folgen wir einem bestimmten Weg, weil wir glauben, dass es von uns erwartet wird. Aber es ist wichtig, innezuhalten und zu reflektieren: Was brauche ich persönlich, was erfüllt mich?

Gleichzeitig möchte ich Frauen dazu ermutigen, zu arbeiten und unabhängig zu sein. Das ist meine Botschaft – eigene Leidenschaften zu finden und finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen, sich weiterzuentwickeln und und ihren Teil zu unserer Wirtschaft und somit dem Wohlstand beizutragen, was übrigens auch die nicht bezahlte Care-Arbeit zu Hause inkludiert!

Es geht darum, Freude an der Arbeit zu haben und dabei erfolgreich zu sein. Wenn wir zudem sicherstellen, dass unsere Kinder gut betreut sind – da ist auch politisch noch einiges zu tun –, können wir arbeiten gehen, uns verwirklichen und dennoch für unsere Kinder da sein. Im Ausland ist das übrigens ganz normal und wird nicht hinterfragt. Kommt man dann nach Deutschland sind Fragen wie: „Warum hast du denn dann überhaupt Kinder bekommen?“ leider weiterhin vorhanden. Das ist auch eine sehr intime Frage, und bekommen Väter diese Frage gestellt?

Mir gelingt Vereinbarkeit gut, weil meine Umstände entsprechend sind. Die können wir uns selbst bauen – wenn wir wollen. Ich verbringe viel Zeit mit meinen Kindern, arbeite aber auch, und das erfüllt mich. Ich komme glücklich nach Hause, bin (hoffentlich) Vorbild für meine Kinder und weiß, dass ich meine Zukunft selbst in der Hand habe.

 

Vielen Dank für deine Zeit und deinen Input, Miriam!