Das Erfolgskonzept der OMR: Mithilfe großer Freiheitsgrade qualifizierte Mitarbeiter:innen finden

Der „War for Talents macht sich in allen Branchen bemerkbar, auch im digitalen Marketing. Immer wichtiger wird die Frage, wie Unternehmen qualifizierte Fachkräfte anziehen und wie sie eine nachhaltige Arbeitgebermarke aufbauen können. 

Wir haben mit Christian Müller, dem Co-Founder der OMR (ramp106 GmbH) gesprochen – über die Pflege der eigenen Unternehmenskultur, die Entwicklung der Bewerbungsprozesse und der Relevanz von Intuition bei der Bewerberauswahl. 

Hallo Christian, es freut mich, dass wir heute miteinander sprechen. Du bist Co-Founder der OMR und im Bereich Digitales Marketing vielen bekannt. Magst du dich trotzdem einmal kurz in 2–3 Sätzen vorstellen und erzählen, wie es zur Gründung der OMR kam?

Gerne. Also, ich komme aus dem traditionellen Medienbereich und habe vorher unter anderem bei Gruner + Jahr gearbeitet und dort meine beiden heutigen Partner – Philipp und Tobias – kennengelernt. Philipp und ich haben auch zusammen studiert und haben 2008 den Entschluss gefasst, dem Verlagsgeschäft den Rücken zu kehren und Internetfirmen zu bauen. 

Daraus sind zwei Firmen im Digital Marketing / Performance Marketing entstanden, die wir verkauft haben. Die erste Firma, die adyard GmbH, wurde später von Bertelsmann und die zweite Firma, die metrigo GmbH, von Zalando gekauft.  

Ich selbst war auch eine Zeit lang bei Zalando aktiv und dort verantwortlich für die Integration und den Aufbau der Zalando Marketing Services.  

Parallel zu diesen beiden Firmen ist die OMR zunächst als “Hobbyprojekt” und später als Konferenz in 2011 gestartet. Über die Jahre haben wir unter anderem mithilfe kluger Personalentscheidungen die OMR von einem Konferenz-Business zur Inhalte- und Wissensplattform weiterentwickelt und sind stark gewachsen. Mittlerweile machen wir das jetzt seit über 10 Jahren. Die OMR Reviews und deren Entwicklung und Ausbau sind vor allem zurzeit mein großes Thema.  

Auf Eurer Website sagt Ihr über Euch selbst, dass Ihr trotz hoher Professionalität und Expertise einen familiären Umgang und ein lockeres Umfeld pflegt. Auch mit Euren Bewertungen auf Kununu steht Ihr mit fünf Sternen ganz oben in der Kategorie Arbeitsatmosphäre.

Du arbeitest seit einiger Zeit im Homeoffice und viele Deiner Kollegen:innen ebenfalls. Wie habt Ihr es geschafft, Eure Art der Zusammenarbeit auch im Homeoffice erfolgreich zu gestalten?  

Unsere Kultur ins Homeoffice zu tragen, ist eine große Challenge für uns gewesen, weil wir diese Kultur der Zusammenarbeit sehr schätzen und die Leute sehr gerne ins Office kommen, um sich zu treffen und zusammen zu arbeiten. Und eben dort sind Freundschaften entstanden – da viele Aktivitäten nach der Arbeit stattfinden, ob das gemeinsamer Sport ist, ein Feierabendbier oder gemeinsames Kochen. Oder aber auch die ein oder andere Party, wie die Halloween-Party, die jedes Jahr stattfindet und von Mitarbeiter:innen aus eigeninitiativ organisiert wird. All diese Sachen, die den Vibe und die Kultur prägen sind natürlich nicht einfach in die Online-Welt zu transportieren.  

Tatsächlich haben wir unser Office immer als Möglichkeit angeboten, um vor Ort zu arbeiten – unter der Voraussetzung, die aktuellen Regeln einzuhalten und vorsichtig zu arbeiten. Zusammen mit dem Management-Team haben wir dann versucht über Slack, Google-Meet und andere Tools verschiedene Formate zu schaffen, um auch unter anderem alle auf dem Laufenden zu halten.   

Weil wir eine sehr transparente Firma sind, haben wir zum Beispiel ein wöchentliches Meeting, in dem wir darüber informieren, was gerade los ist, was passiert und wo es hin geht. Gerade in turbulenten Zeiten, wie vor zwei Jahren, als wir unser Event absagen mussten, war es wichtig die Mitarbeiter:innen zu informieren und das Gefühl zu vermitteln, dass man nicht in Schieflage gerät und die richtigen Schritte geht.  

Uns war auch wichtig, die Möglichkeit zu schaffen sich auszutauschen. Wir haben bei virtuellen Coffee-Dates Gleichgesinnte versammelt, mit denen man sich dann über das Business austauschen konnte und gleichzeitig die Möglichkeit geschaffen, sich kennenzulernen.

2016 waren du, Tobias Schlottke und Philipp Westermeyer zu Gast bei dem Podcast “How’s it going? – take Business personal”. Ihr habt unter anderem darüber gesprochen, wie Ihr die Kultur bei der OMR prägt und was Talente zu Euch zieht. Damals hast Du diese Arbeit als eher gefühlsmäßig und weniger geplant beschrieben. Vor allem viel eigenständiges arbeiten, wenig Druck und Menschen, die Kultur vorleben, hast Du als euer Erfolgsrezept beschrieben.

Seitdem seid Ihr auch personell in der Zahl gewachsen, hat sich daher etwas in Eurer Vorgehensweise geändert oder ist sie im Kern gleichgeblieben?

Im Kern ist vieles gleichgeblieben. Es funktioniert immer noch vieles intuitiv, auch die Auswahl von Menschen, die in unsere Kultur passen und diese weiterleben. Auch viele unserer Führungskräfte sind “Eigengewächse”, die unsere Kultur seit vielen Jahren verinnerlicht haben und diese entsprechend weitergeben an ihre Kollegen und Kolleginnen.   

Trotzdem haben wir auch gemerkt, dass wir uns professionalisieren müssen. Mit knapp 180 Mitarbeiter:innen funktionieren gewisse Dinge nicht mehr ganz so automatisch und intuitiv und es braucht Struktur, um die richtige Kultur weiter zu fördern.  

Ausschlaggebend dafür sind auch weiterhin gemeinsame Erlebnisse von Partys, die wir feiern – aber auch Workshops und gemeinschaftliche sportliche Aktivitäten. Mittlerweile haben wir unter anderem zwei Feelgood Manager:innen, die sich darum kümmern, dass sich jeder wohl- und wertgeschätzt fühlt. Wir versuchen an allen Stellen einen wertschätzenden Umgang zu pflegen, auch wenn sich das nicht so einfach institutionalisieren oder vorschreiben lässt.   

Die Auswahl der passenden Kolleg:innen beeinflusst am stärksten alle anderen Aspekte, deswegen ist es uns wichtig, Menschen dabei zu haben, die unsere Kultur bereits leben, und Lust haben, diese mit uns weiterzuentwickeln. Vermehrt coachen wir jetzt auch unsere Führungskräfte und geben ihnen Tools an die Hand, um den Umgang mit Mitarbeiter:innen besser pflegen zu können und eine Feedback-Kultur zu schaffen. 

Das ist vor allem wichtig, weil man bei uns sehr schnell und einfach Verantwortung übernehmen kann. Es herrschen sehr große Freiheitsgrade. Wir sind immer noch sehr unternehmerisch unterwegs und fordern von den Leuten ein, mitzumachen und Lust genau darauf zu haben.

Ich glaube, genau dies zieht gute und qualifizierte Leute an: Wenn du die Möglichkeiten gibst, zu wachsen, Verantwortung zu übernehmen, eigenverantwortlich zu arbeiten und Führungsaufgaben relativ früh und jung zu übernehmen. Und das ist bei uns alles auch möglich. 

Im Podcast habt Ihr als eine Eurer größten personellen Herausforderungen den “Kampf um Entwickler:innen” genannt. Würdest Du sagen, dass dieser Bereich bis heute einer Eurer größten personellen Herausforderungen ist oder überwiegen andere Schwierigkeiten?

Wir sind im Kern ja keine 100-prozentige Tech-Firma, wir haben die unterschiedlichsten Disziplinen bei uns und deshalb auch eine gewisse Anzahl an Software-Entwickler:innen. Die Herausforderung ist es, weiterhin passende und qualifizierte Mitarbeiter:innen zu finden, die einigermaßen bezahlbar sind, daran hat sich nichts geändert. Allerdings haben wir auch in anderen Bereichen viele offene Stellen und merken, dass der “War for Talents” sich auch bei uns bemerkbar macht und wir uns dem stellen müssen.   

Wir haben allerdings mittlerweile eine gute Arbeitgebermarke aufgebaut und ein Bewusstsein geschaffen dafür, dass OMR eine gewisse Größe und Power hat mit der man etwas erreichen kann, wenn man ein junger, ambitionierter Mensch ist. Das begeistert und macht uns anziehend. Dennoch, ist der Druck auf dem Arbeitsmarkt sehr hoch und viele tolle Unternehmen haben Probleme ihre Stellen zu besetzen. Da muss man vor allem gute Überzeugungsarbeit leisten.  

Mir fällt teilweise schon auch auf, dass sich ein bisschen die Regeln geändert haben. Früher musste man sich als Bewerber:in noch gut verkaufen, heute muss man sich als Unternehmen sehr gut verkaufen, um die guten Leute zu finden und für sich zu begeistern. Der Druck ist da, aber nicht nur bei den Entwickler:innen, sondern überall.  

Gibt es einen konkreten Bereich oder eine Position, den bzw. die Du als vergleichbar herausfordernd zu besetzen wahrnimmst?

Im Bereich Marketing ist eigentlich immer Bedarf. Gebraucht werden vor allem Leute, die tiefes profundes Knowhow im digitalen Marketing haben, die auch bereits eigene Projekte gestaltet haben und damit gezeigt haben, dass sie Projekte und Marken nachhaltig durch Marketing pushen können.   

Auch Datenspezialist:innen, Personen die gut mit Datenmengen arbeiten können, Erkenntnisse aus den Daten formulieren können und sehr analytisch denken sind schwierig zu finden. In diesem Bereich sucht gefühlt aktuell jeder.  

Auf der OMR-Website gebt Ihr einen kurzen Überblick über Euren internen Bewerbungsprozess. Was kannst Du uns über die (Weiter-)Entwicklung Eurer Bewerbungsprozesse über die letzten Jahre sagen?

Auch hier haben wir strukturiertere Prozesse eingeführt mit relativ klaren Roadmaps, die zum Start des Bewerbungsprozesses für mehr Transparenz für den Bewerbenden sorgen und genau aufzeigen welche Stufen es gibt.  

Wir haben standardisierte Fragebögen entwickelt und setzen auch Fallstudien ein, bei denen die Bewerber:innen anhand sehr konkreter Fragestellungen, die das Business und den konkreten Job betreffen, getestet werden.  

Was uns immer wichtig ist, ist, dass es am Ende eine gute Candidate-Experience bei uns gibt. Also selbst wenn wir jemandem keinen Arbeitsvertrag anbieten, dass trotzdem aus so einem Prozess rausgegangen wird und man eine gute Erfahrung machen konnte und in Kontakt bleibt. Im Zweifelsfall wird man dann eben auch weiterempfohlen. Dieser wertschätzende Umgang war uns schon immer wichtig. 

Wie sehr bist Du selbst im Auswahlprozess beteiligt? Und welche Personalauswahlverfahren haben Deiner Meinung nach hohe Aussagekraft?

Ich bin schon in einige Prozesse involviert, vor allem bei Leadership-Positionen, aber auch wenn mich Kollegen und Kolleginnen bei anderen Themen hinzuziehen.   

Ich bin jemand, der auf die Persönlichkeit Wert legt. Das nötige Knowhow ist wichtig, aber ist meistens schon ein Stück weit von meinen Kollegen und Kolleginnen verifiziert, wenn ich im Bewerbungsprozess dazustoße. Was mir wichtig ist und worauf ich achte, sind weniger spezielle Auswahlverfahren, sondern, ob die Person ambitioniert ist, die OMR Kultur versteht und Lust darauf hat, mit uns die Extrameile zu gehen und Gas zu geben. Insbesondere was neue Projekte angeht, wie die OMR Reviews, für die ich gerade viele Personen interviewe.  

Ihr seid digitale Vorreiter, aber wie sieht es bei Eurem Recruiting aus? Gibt es digitale Personalauswahlverfahren, zum Beispiel Game-based und Gamified Assessments, die Du spannend findest oder die Du in Auswahlprozesse implementieren würdest?

Ehrlicherweise habe ich damit bislang keine Erfahrung und keine Berührungspunkte gehabt. Aber ich glaube, dass bei uns eine große Offenheit herrscht, solche Dinge auch auszutesten bzw. einzusetzen.  

Wie gesagt, mir ist immer der persönliche Eindruck sehr wichtig. Ich kann mir vorstellen, in den ersten Phasen der Auswahlprozesse solche Lösungen einzusetzen und damit technisch zu unterstützen, aber ich finde es geht eigentlich nichts über das persönliche Gespräch – den Eindruck, den man gewinnt, wen man sich in die Augen guckt und idealerweise sogar auch im gleichen Raum sitzt. Man müsste vor allem fragen, an welcher Stelle man so etwas einsetzt, damit es den Wert stiftet, den man sich erhofft.  

Mit eurer Plattform OMR Reviews gebt Ihr einen großen Überblick über den Software-Markt. Für alle die OMR Reviews noch nicht kennen, magst Du kurz erklären, was Ihr da macht? Und verwendet Ihr für Eure Recruiting-Prozesse und im HR-Management selbst besondere Software?

OMR Reviews ist eine Plattform, die dabei helfen soll Entscheidung zu treffen oder bessere Entscheidungen zu treffen, wenn es um die Nutzung, den Kauf, die Installation und die Implementierung von Software geht.   

Ich glaube alle Unternehmen stehen gerade vor der Herausforderung, ihre Prozesse zu überdenken und zu digitalisieren. Und es gibt wahnsinnig gute Tools da draußen, die Unternehmen dabei helfen effizienter und effektiver ihr Business zu gestalten.  Aber der Dschungel an möglichen Tools ist einfach undurchdringbar und jeder wirbt damit, das beste Tool auf dem Markt zu haben, aber keiner weiß es eigentlich, ob diese Versprechen dann wirklich eingehalten werden.   

Was wir deshalb derzeit machen: Wir wenden das bekannte Amazon-Prinzip an, bei dem die Nutzer, die das Tool tatsächlich gekauft haben und jeden Tag nutzen, ihre Erfahrungen teilen und damit denjenigen helfen, die jetzt gerade im Entscheidungsprozess sind, besser bewerten zu können was der Kern des Produktes ist.   

Aber wir machen noch viel mehr. Wir wollen auch über redaktionelle Inhalte, über Experten-Interviews und andere Dinge diese Entscheidungsprozesse unterstützen. Die Reviews und die Nutzerbewertungen sind das eine, aber nochmal tiefer einzusteigen in die Tools ist das andere.  

Zusammengefasst: Welches Tool eignet sich für große Unternehmen und welches für Kleine? Wenn man sich jetzt zum Beispiel ein neues Personalbuchhaltungstool kaufen möchte, dann braucht es einen guten Überblick darüber, welches Programm am besten die individuellen Anforderungen abbildet.  

Das ist die Reise, auf der wir gerade sind, und da sind wir schon ganz erfolgreich unterwegs. Das ist für uns aber auch ein Marathon und kein Sprint. Wir denken da über die nächsten drei, vier und fünf Jahre nach, in denen wir dies aufbauen wollen. Mit dem Ziel in diesem Bereich die beste Plattform im deutschsprachigen Raum zu werden sind wir jetzt auf einem guten Weg.  

Wir selbst wenden bisher relativ rudimentär Software im Personalbereich an. Sowohl Personalmanagement-Software als auch Recruiting-Software sind für uns zwei große Themen, weil wir wie gesagt immer mal wieder offene Positionen haben und Mitarbeiter:innen brauchen. Alles was da in den letzten Jahren noch händisch gemacht worden ist, wird gerade von Software unterstützt. Wir sind aber auch noch in dem Auswahlprozess der richtigen Softwares.  

Nachdem OMR Reviews erfolgreich gestartet ist, was steht für Euch neben dem OMR Festival im Jahr 2022 noch an?

Wir sind in allen Bereichen weiter dabei uns zu professionalisieren. Wir haben ja mittlerweile ein relativ breites Portfolio an Unternehmen. Wir haben die OMR Review-Plattform, die stark wachsen soll, indem wir immer mehr Leute einstellen und auch viel Geld investieren werden. Wir haben unser Podcast-Geschäft, das weiterhin wächst und in das wir ebenfalls noch mehr investieren wollen und für das wir auch stets neue Mitarbeiter:innen einstellen. Auch das Education-Geschäft der OMR wird weiter ausgebaut.   

Und beim OMR Festival – von dem wir fest davon ausgehen, dass es dieses Jahr stattfindet – stecken wir gerade voll in der Organisation.  

Wir gucken uns natürlich auch immer mal wieder andere Dinge an, die zu uns passen, um zu schauen, wie wir uns noch weiterentwickeln können. Wir glauben allerdings auch, dass wir mittlerweile eigentlich ein ganz gutes Portfolio an Aktivitäten und Geschäften haben und da liegt jetzt erstmal der Fokus darauf, diese nachhaltig gut zu entwickeln.  

Was noch gestartet ist, ist die OMR X, ein kleines Beteiligungsvehikel, über das wir uns an Startups beteiligen und jungen Gründer:innen helfen, mit ein bisschen Geld, aber vielmehr auch Knowhow, ihre Firmen zu entwickeln. Das ist ein weiteres spannendes Thema. Dieses Jahr wird es eine interessante Reise werden und wir hoffen auf jeden Fall, dass wir im Mai unser Event veranstalten können und sind da sehr optimistisch.  

Danke für Deine Zeit und Deinen Input! 

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